2020

07. Januar 2021

Auch für notorische Jahres-Rückblick-Skeptiker ist es nicht einfach, das Jahr 2020 einfach ziehen zu lassen. Ohne ihm ein paar Worte zu widmen.

Die Handlungs-Optionen, die unsere Kunden, unsere Partner und wir im Jahr eins der Corona-Pandemie hatten, sind schnell aufgezählt: Mach es, aber schnell; leg es auf Eis; mach es trotzdem – aber ganz anders; vergiß es.

Was wir vergessen mussten: Eine mobile Version der Technikland-Ausstellung im Museum Industriekultur Nürnberg für den Förderkreis Ingenieurstudium. Dann mussten wir „Design und Bahn“ vergessen, eine Ausstellung im DB-Museum Nürnberg. Gerne hätten wir auch „Gott m / w / divers“ gemacht, eine zeitgemäße Betrachtung zum Geschlecht des Gottes, für das Bibelhaus Erlebnis Museum in Frankfurt. Und, nomen ist schon fast omen, „Alles für die Tonne“, eine Mitmachausstellung für Kinder im „Jungen Schloß“ des Landesmuseum Württemberg in Stuttgart, zum Thema Müll.

Was wir schnell machen mussten: Ein Wegeleitsystem für das BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, zweikommafünf Kilometer Gänge und Tausend Türen auf vier Ebenen in zwei Gebäudeteilen) in Nürnberg, gleich zu Anfang des Jahres und fertig noch Ende April, zum Beginn der deutschen Ratspräsidentschaft in der EU. Und ein weiteres Wegeleitsystem für das COVID-19 Impfzentrum Erlangen und Erlangen-Höchstadt, innerhalb von drei Wochen bis Mitte Dezember.

Was wir auf Eis legten: Für die experimenta, Deutschlands größtes Science Center, die Überarbeitung der „Pressestelle“.

Was wir trotzdem machten, aber anders: Die große Ecsite-Konferenz, die jährlich in einer anderen europäischen Stadt stattfindet und bei der wir uns mit rund tausend anderen Museumsprofis aus der ganzen Welt austauschen, gab es erstmals als virtuelles Treffen. Auch die von uns vor sieben Jahren mitgegründeten ecsite makers mussten in diesem Jahr auf Distanz bleiben und testeten virtuelle Formate. Ja, zoom & co machen die Welt kleiner; und schön, dass es nun anerkannte Alternativen zu Meetings mit langen Anreisen gibt. Wir werden das auch in Zukunft nutzen. Doch fühlten sich all die angesprochenen virtuellen Ersatz-Anlässe im Nachhinein sehr symbolisch an, weil sie an die Wirkungsweise der Originale nicht herankommen. Wie die Zukunft von Hands-On und Interaktion in Museen und Ausstellungen aussieht, ist und bleibt deshalb hoch spekulativ. Das oft gebrauchte Wort „hybrid“ umschreibt, dass wir alle auf dem Weg zu neuen Formen und Standards von musealer Präsentation, schulischer Vermittlung und sogar Arbeit sind. Nicht mehr pur analog, doch auch nicht rein digital. Und sicher nicht ausschliesslich daheim.

A propos Zukunft. Wir haben mit enormem Elan vieler Beteiligter aus der freien Szene und der Kulturwirtschaft die Fundamente für ein offenes Haus des Machens und des Austausches von Know How hier in unserer Stadt gelegt. Indem wir Struktur und Satzung eines Betreibervereins mitgeprägt haben. Und indem wir ein Betreibermodell entwickelten, auf der Basis unserer über die Jahre erworbenen Erfahrungen mit bottom-up Organisationen. Fundamente für eine Zukunft, auf die wir uns hier alle freuen. Wir sind dem Aufruf der Nationalen Stadtentwicklungspolitik zur Post-Corona-Stadt mit einem Vorschlag für Resilienz durch Nahversorgung mit Know How und mit Werkzeugen gefolgt – und erwarten in diesen Tagen mit Spannung das Ergebnis dieser Konkurrenz. Anders als bisher mischen wir uns in die Stadtentwicklung auch aktiv ein: Mit den Kollegen Wilhelm Klauser (inD, Berlin) und Bernd Hoge (HVR architectes, Noyers/Paris) haben wir im Städtebaulichen Wettbewerb Regnitzstadt eine kontemporäre Antwort auf die Frage nach Form und Methode für den Weiterbau der Stadt gegeben.

Nicht zuletzt haben wir den Wert von Vitrinen, ganz konkret den Wert einer großen Vitrine kennengelernt. Denn im geräumigen Schaufenster eines ehemaligen Lederwarenladens in der Innenstadt, der das Jahr über zur Verfügung stand, konnten wir in Form einer Installation einige Facetten dessen zeigen, was wir uns in Zukunft dauerhaft als neue Form der Erdgeschossnutzung in verödenden Altstädten vorstellen: Nahversorgung mit Know How und Ideen, Zugang zu Werkzeugen und Räumen.

So folgt unser Engagement in diesem sehr vernebelten vergangenen Jahr 2020 doch im Rückblick einer Linie: Wende deine Kompetenz dort an, wo sie am dringendsten gebraucht wird – und wo sie langfristig am stärksten wirkt.