20. April 2020
Schon vor dem Beginn der Corona-Krise hatten wir uns vorgenommen, unsere gesammelte Erfahrung auf die Frage anzuwenden „Was macht ein Museum heute zum Museum der Zukunft?“ Wie soll ein Museum sich positionieren, um wirksam zu sein, vor dem Hintergrund, dass selbst kleine Institutionen heute im großen globalen Wettbewerb stehen? Und wo bieten lokale Verankerung und echte Objekte in realen Räumen sogar im Gegenteil einen Wettbewerbsvorteil gegenüber virtuellen Angeboten und sozialen Netzwerken? Obwohl das Museum nicht existiert, Museen sind ja Kinder ihres Kontexts – historisch, räumlich, von ihrer inhaltlichen und persönlichen Ausrichtung her -, haben wir Facetten eines Museums gezeichnet, dem aus unserer Sicht die Zukunft gehören könnte.
ERSCHEINUNG
design
Für fantastische Ausstellungen reicht eigentlich eine Schachtel, sagte der obsessive Ausstellungs-Schöpfer Harald Szeemann.
Doch wenn die Schachtel schnittig ist, wenn sie den Atem stocken lässt – um so besser.
Gutes Design schafft eine Bühne für die vielfältigen Inszenierungen, die einmal im Museum ablaufen werden.
Gutes Design kann die Mission des Museum im Stadtbild ausdrücken.
Gutes Design macht Lust, ins Museum der Zukunft zu kommen.
zu Fuß erreichbar, in der Nachbarschaft verankert, immer öfter offen
Das Museum der Zukunft ist online, doch sein Herz schlägt lokal und die Menschen aus der Umgebung beleben es jeden Tag. Als Besucher und als Mitarbeiter. Gerade die Museumsmitarbeiter sind es, die mit ihrer Freundlichkeit am Eingang und ihrer Aufmerksamkeit im ganzen Haus den Unterschied ausmachen zur noch so perfekten App. Da das Museum in Zukunft Eingänge für die Schulen, für Nachteulen und für Nerds hat, kann es sich bei den Öffnungszeiten immer mehr nach den Zielgruppen richten.
konferenz, workshop
Das Museum der Zukunft ist Initiator für Begegnungen von Experten und Laien – rund um die in Ausstellungen gesetzten Themen. Dafür kooperiert es mit Bibliothek, Universität, mit Volkshochschule oder mit Veranstaltungsorten. So erweitert es die eigenen Kapazitäten.
VERMITTLUNG
der t.-rex
Jedes Museum hat seinen „Tyrannosaurus Rex“. Er ist das Aushängeschild, und die Menschen identifizieren sich über den t.-rex mit dem Museum.
Er ist das Symbol für die Sammlung, aber er steht auch für die Atmosphäre und die Bandbreite aller möglichen Erfahrungen. Kurz: die gespannte Erwartung, das ist der t.-rex.
die sammlung
Die Sammlung eines Museums ist oft sein historischer Kern, ein wichtiges Standbein.
Ziel ist, Sammlungsgegenstände direkt zu den Menschen „sprechen zu lassen“. Eine Gratwanderung.
Heureka, wenn sie gelingt. Wir können dann unser eigenes Handeln in Kontext stellen und (Aus-)Wirkungen antizipieren. Dieser Moment ist Ausgangspunkt assoziativer Höhenflüge.
Das Museum der Zukunft nutzt 3D Scan und IT, um immer größere Teile der Sammlung Stück für Stück und der Bedeutung nach zugänglich zu machen. Die Sammlung wird damit global für Forscher zugänglich. Und für Bürgerwissenschaftler, die das Museum der Zukunft zu ihrer Basis machen.
der escape-room und die impulsübertragungsmaschine
Alle reden von narration und gamification. Doch eine museale Präsentation wie einen escape room aufzubauen, in dem Objekte in spielerischer Weise miteinander verwoben sind, oder gemeinsam an einer Kettenreaktion zu bauen, schafft tatsächlich überraschende unvergessliche Momente. Für Besucher wie für die eigenen Mitarbeiter.
Spielerische Zugänge wollen ernst gemeint sein und eignen sich nicht nur für Kinder.
DENKEN MIT DEN HÄNDEN
citizen science
„…Ziel ist es, den Wissenstransfer zwischen Forschung und Gesellschaft weiter zu stärken, um die Wissenschaftsmündigkeit der Bürger zu fördern und Wissen und Impulse für Forschung und Entwicklung zu generieren…“ – so das Forschungsministerium bei der Ankündigung einer breit angelegten Förderkampagne für Citizen Science im Herbst 2019.
Das Museum der Zukunft ist eine mögliche Anlaufstelle für neugierige Menschen, die Forschung initiieren oder die sich an Forschungen beteiligen wollen. Denn dafür gibt es noch keinen Raum. Das Museum der Zukunft nimmt gemeinsame Forschung mit seinem Publikum ernst.
der garten (und die poesie)
Was verbindet die (trotz bester Inszenierung) aus dem Leben gerissene museale Präsentation von Objekten und Prozessen mit der Lebenswelt? Was erzeugt den besten flow? Der Blick aus dem Fenster auf ziehende Wolken, ein paar Schritte unter rauschenden Blättern im Freien. Wasser.
Eigentlich eine Design-Aufgabe, die vom Museum der Zukunft, dem am Wohl der Mitarbeiter und Besucher gelegen ist, angenommen und gelöst wird.
der makerspace
Der 3D-Plotter ist das neue interaktive Exponat.
Nach der Interaktion entdecken Museen die Kreation, und zwar als freies Radikal, das sich mit dem eigenen Programm verbinden kann – aber nicht muss. Nicht nur in technisch-naturwissenschaftlichen Einrichtungen inspiriert Anschauung die Lust am Selbermachen. Fabrizieren öffnet das Museum für Besuchergruppen, die sonst keinen Fuß hineinsetzen.
TREFFPUNKT FÜR COMMUNITIES
ort für alle
Das Museum der Zukunft ist ein Ort, den man besucht, selbst wenn man kein bestimmtes Ziel hat. Weil man jemanden trifft, etwas erfährt, angeregt wird.
Das Museum ist die neue mall in der online versorgten Wissensstadt.
Das muss man wollen. Treffpunkt sein ist auch anstrengend.
Doch gerade diese neue frei werdende Rolle garantiert Prosperieren und ermöglicht damit nachhaltiges qualitatives Wachstum.
der shop, das cafè, die sitzbank
Von den besten (Museen) lernen, heißt einen liebevoll gepflegten und betriebenen Shop zu haben. Warum sollen Besucher nicht für den Shop allein kommen? Oder für den Kaffee? Das Museum der Zukunft ist ein Gesamtkunstwerk, soziale Plastik und öffentliches Labor. Kein Aspekt seiner Erscheinung, Kommunikation und seiner Haltung ist unwichtig. An den Sitzgelegenheiten im ganzen Haus zeigt sich, ob das Museum seine Besucher liebt und ihren Aufenthalt verlängern will.
die vernetzung (in der stadt, und darüber hinaus)
Das Museum der Zukunft definiert sich nicht mehr als losgelöst (absolut), sondern verbunden mit allen anderen kulturell-wissenschaftlichen Angeboten und Aktivitäten in der Stadt und in der Region.
Je nach lokalem Kontext ist es im Austausch mit Schulen, Volkshochschule, Universität, aber auch mit Kulturzentren, Makerspaces und anderen Museen, um im Rahmen seiner traditionellen Mission (des Sammelns, Bewahrens, Forschens und Präsentierens) wirksam zu sein und zu bleiben.