Was ist Jochen Hunger Museum & exhibition design

F: Was ist Jochen Hunger Museum & exhibition design?

A: Wir sind Agentur, Netzwerk, Werkstatt gleichzeitig. Im Kern überschaubar, mit viel Erfahrung gesegnet, auch international. Wir entwickeln und bauen Ausstellungen, Exponate, beraten Museen, engagieren uns auch vor der Haustür für Know How Transfer und ein besseres Stadtklima.

Ausstellungsbau, Apps, Animationen, Film, Licht: im Partner-Netzwerk findet sich, was es braucht, um ohne Kompromisse gut arbeiten zu können. Ich bin als Architekt ausgebildet. Da lernst du genau das: Als Treuhänder des Bauherren alle möglichen Gewerke koordinieren.

Die Werkstatt mit Lasercutter und anderen Prototyping Werkzeugen haben wir in letzter Zeit aufgebaut, um Neues selbst zu entwickeln. Dorthin laden wir Gäste ein und experimentieren mit ihnen. Und mit Schulklassen testen wir, ob unsere Ideen für Aktivitäten funktionieren.

F: Das klingt nach Aufwand…

A: In den vergangenen Jahren haben wir uns zum Selbermachen hin geöffnet. Nicht so sehr aus produktionstechnischen Gründen, eher programmatisch. Die besondere Befriedigung, die mit dem Selbermachen verbunden ist, das ist eine Energie, die uns interessiert. In der Sprache der Science Center: “open ended activities”.

Ich glaube, dass es über das Selbermachen und das Vermitteln von Know-How möglich ist, auch die bekannt museumfernen Gruppen, also Teens, zu interessieren. Die Menschen heute wollen etwas mit sich selbst anstellen. Etwas Sinnvolles. Selbst in der Ausstellung.

Die Arbeit besteht dann darin, die Themen des Museums in einen Mach-Kontext zu setzen. Bei Physik ist es einfach, bei Bio schwer, weil es um Lebendiges geht, bei Geschichte ist es ungewohnt, aber gut zu schaffen.

F: Wie arbeitest du?

A: Ich komme immer als Laie, und gehe als Fachmann aus einem Projekt. Wenn ein neues Thema ins Büro kommt, lese ich sehr viel. Und ich liebe es, wenn sich ein runder Tisch ergibt, um den herum die Kuratoren, Wissenschaftlerinnen, Konservatoren, manchmal auch Bautechniker zusammen mit Auftraggeberin oder Auftraggeber und uns sitzen können und ausloten, wie die beste Ausstellung zustande kommt.

F: Gibt es dafür immer die Zeit, und den Nerv?

A: Gute Frage, natürlich nicht immer. Das ist ja auch kein Selbstzweck, es ist ein effizienter Weg, alle Beteiligten auf das Ziel auszurichten. Später sollen ja alle möglichst direkt miteinander reden können.

F: Wie geht es weiter? Wie entsteht daraus die Ausstellung?

A: Als Ausstellungsgestalter will ich verstehen, worum es in einer Ausstellung oder einer musealen Präsentation gehen soll. Denn auch wenn die Inhaltsebene völlig klar dasteht, wenn alle Exponate und selbst die Vermittlungsziele aufgelistet sind: Das ist noch keine Ausstellung. Das ist Material, Rohstoff. Einer der Rohstoffe, mit denen wir arbeiten. Es gibt ja noch die Räume und die Besucher in der Rechnung. Die werden leider oft als schmerzlich limitierender Faktor wahrgenommen.

Also Klarheit von Inhalt und Raum, Budget und Zeit. Besucher und Besucherin im Blick. Dieses Gerüst erlaubt dann, Fantasie, Kreativität und Wunder einziehen zu lassen.

F: Wunder...

Ja. Auf diesem Begriff bestehe ich, er beschreibt einen Zustand, in dem du von etwas tief angerührt wirst.

F: Welche Rolle spielen die Gewerke, also Ausstellungsbau, Grafik, Medien?

A: Das sind wichtige Partner, Berater, aber auch Ideengeber. Mit einigen von ihnen arbeite ich seit fast zwanzig Jahren, andere sind später ins Boot gekommen, sitzen dafür aber ganz nahe. Wir verstehen uns fast ohne Worte und deshalb kann ich beim Realisieren sowohl schlüsselfertig anbieten als auch den Weg über die Ausschreibung gehen. Das Know How der Partner steht immer zur Verfügung.

F: Zum Schluß etwas Spekulatives: Wie sieht die Zukunft der Museen aus?

A: Sobald du die Zukunft beschreibst, wird sie zur Gegenwart und entzaubert. Aus dem Ding mit der Zukunft kommt man nur mit einem Augenzwinkern raus. Humor hilft, die Unmöglichkeit der Vorhersage charmant zu verschleiern…

Aber konkret: Ich sehe, wie Museen aktuell um eine neue Definition ringen. Ich sehe auch, wie die klassischen Ausstellungen und eigentlich fast alle Erfahrungsangebote herausgefordert sind, Schule und Fernsehen eingeschlossen. Wer nicht mit den sozialen Netzwerken und mit Youtube rechnet, wird nicht begreifen, wie sehr die begrenzte Ressource Aufmerksamkeit von den Inhalten im Netz aufgesogen wird. Die sind oft grottig, aber eben teilweise auch richtig gut.

Ich bin Optimist: Dem Museum und dem Medium Ausstellung gehört ein riesengroßer Teil der Zukunft, gerade wenn es als echter, nicht-virtueller Treffpunkt mitten im echten Leben daherkommt. “Virtuell” gibt es ja nur, weil es auch “echt” gibt. Je weiter wir mit KI und virtual reality vorangehen, desto wertvoller kann uns das Objekt, die Begegnung im Raum, in unserer Stadt oder an einem bestimmten historischen Ort werden.

Im internationalen Rahmen, zum Beispiel auf der jährlichen ecsite Konferenz, wird auch klar: Die positive Erfahrung, mit Hilfe anderer etwas selbst machen oder sich selbst etwas erschliessen zu können, die ist bei aller Begeisterung für MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) nicht auf Naturwissenschaften und Technik begrenzt.

Im Rahmen unserer Arbeit begegnet uns das in Projekten wie dem bibliorama, den Kreativstudios und bei Formaten wie dem exTeppich.